Wie es zur Gründung des Förderkreises Theodor-Zink-Museum kam – Uta Mayr-Falkenberg erinnert sich
Industrieansiedlung und Altstadtsanierung! Vor allem diese Schlagworte beherrschten in der zweiten Hälfte der 60er-Jahre die Lokalpolitik Kaiserslauterns. Nicht wenige der Stadtväter waren zudem allen Ernstes der Ansicht, dass man kein Grün in der Stadt brauche, denn man habe ja außen herum genug. Kaiserslautern nannte sich stolz „Stadt der Schulen“, und richtete seinen Blick nach vorne und auf die Amerikaner, die mit ihren Fahrzeugen und den uniformierten Soldaten das Stadtbild beherrschten, und zu den größten Arbeitgebern der Stadt und der Region gehörten. Kultur wurde klein geschrieben und nur einige Interessierte wussten, dass es neben der nach wie vor existierenden Pfalzgalerie mit dem Gewerbemuseum auch ein Volkskundemuseum gegeben hatte, das den Namen seines Gründers Theodor Zink trug. Dieses Museum war 1941 während des 2. Weltkriegs geschlossen worden als die Luftangriffe auf deutsche Städte immer heftiger wurden…
Der Kulturreferent der Stadt hieß Dr. Ottheinz Münch, ein feiner Herr, der den hemdsärmeligen Lokalpolitikern nichts entgegen zu setzen hatte. Seine Idee, dem seit 1925 existierenden und 1935 in der Spittelmühle eröffneten Theodor-Zink-Museum, wieder einen Platz in der Stadt zu geben, wurde immer wieder abgeschmettert. Für mich, aus Bayern kommend, war dies unverständlich. Denn in Bayern lebt man mit und aus der Tradition. Das kriegsgebeutelte Kaiserslautern aber hatte seine Spittelmühle am Stiftsplatz der Ost-West-Achse opfern müssen. Das war jene von den Amerikanern mitten durch die Stadt geschlagene Schneise, damit die US-Militärfahrzeuge besser von Ost nach West fahren konnten. Auch wenn heute die stinkenden Ami-Trucks verschwunden sind, geblieben ist die Ost-West-Achse als eine der wichtigsten Verkehrsadern der Stadt.
Dr. Münch führte mich seinerzeit zu den kümmerlichen Resten der beweglichen Museumsexponate. Man hatte sie in buntem Durcheinander im Alten Stadthaus gelagert und zwar in einem Raum mit einer undichten Lichtkuppel. Da standen oder lagen in Regalen kreuz und quer verstaubte Trachtenpuppen, vorzeitliche Funde, Bierkrüge… Besonders die Trachtenpuppen sind mir, ihrer hässlichen Gesichter wegen, noch in guter Erinnerung. Aus einer Kommode, die Dr. Münch aufzog, quollen Originalmerianstiche. Irgendwo lagen auch alte Münzen. Alle großen Stücke, also die Museumsmöbel, hatte man 1942/43 nach Schloss Ortenburg bei Passau ausgelagert. Der alte Herr, damals kurz vor der Pensionierung, hatte resigniert: keine Katalogisierung, noch nicht einmal notdürftiges Aufräumen. Kein Hahn krähte nach dem alten Plunder oder nach dem Alten Stadthaus. Dieses lag ja im Sanierungsgebiet Steinstraße. Alle Welt blickte nur ein Stück weiter nach Westen, dorthin, wo einstmals ein Renaissanceschloss erbaut worden war. Da ragte jetzt neben den Ruinen der alten Barbarossaburg als unpassender Betonspargel Europas höchstes Rathaus auf.
Frustriert – in den 60er-Jahren ein ungebräuchliches Wort – war auch der historische Verein. Dr. Werner Seeling erzählte mir seinerzeit, dass man zwecks Wiedererrichtung des Kaiserslauterer Volkskundemuseums schon viele Vorstöße unternommen hatte. Auch mögliche Museumsresidenzen waren vom Verein ins Gespräch gebracht worden. Dazu gehörten leerstehende Räume in der alten Stadtsparkasse am Stiftsplatz, in die sich heute längst das Geldinstitut erweitert hat. Es handelt sich hier um das schöne alte Gebäude am Stiftsplatz neben dem jetzigen Sparkassenneubau. Die Blicke richteten sich auch auf die Augustastraße 2. Dort war damals eine Art Jugendtreff und auch die Freimaurerloge Galilei untergebracht, und Stadtarchivar Heinz Friedel verwies immer wieder stolz auf das alte Modell der Stadt, das heute im Eingangsbereich des Theodor-Zink-Museums steht. Es hatte dort neben ein paar Vitrinen mit – soweit ich mich erinnern kann – vorzeitlichen Funden aus Kaiserslautern, eine notdürftige Bleibe gefunden und wurde seinerzeit wie auch heute vielen Schulkindern vorgeführt. Im Gespräch war auch die alte Mälzerei Gelbert am jetzigen Stockhausplatz und das Haus Rheinkreis daneben in der Steinstraße.
Was mich auf die Idee der Gründung eines Förderkreises Theodor-Zink-Museum brachte, weiß ich nicht mehr so genau. Ich war erst Ende 1966 nach Kaiserslautern gekommen und arbeitete als freie Journalistin. 1973 hatte ich zusätzlich zu den sonstigen Aufträgen auch noch die redaktionelle Gestaltung des Kaiserslauterer Monatsspiegels übernommen, eines kostenlosen Anzeigenblattes aus dem Hause der RHEINPFALZ, das bald schon ein Kaiserslauterer Wochenspiegel wurde und heute als Kaiserslauterer Wochenblatt bekannt ist. Ich hatte also viel Gelegenheit, mich unter den Kaiserslauterer Bürgern umzusehen, sie für die Gründung eines Förderkreises Museums zu begeistern. Der Historische Verein, vertreten durch Dr. Werner Seeling und Dr. Hans Steinebrei signalisierte Unterstützung. Es gab jedoch viele Skeptiker und auch Gegner. Einer von ihnen war der Direktor der Pfalzgalerie, Wilhelm Weber. Er erklärte öffentlich, dass er die Reste des ehemaligen Theodor-Zink-Museums in die Pfalzgalerie eingliedern wollte. Wozu, so fragte er, sollte denn ein eigenes Stadtmuseum gut sein, wenn man doch die Pfalzgalerie und das Gewerbemuseum habe.
Ich verfolgte meine Idee dennoch und ging zum damaligen Leiter der Stadtsparkasse Hellmut Hellmann in der Absicht, ihn als Schatzmeister zu gewinnen. Hellmann lehnte ab. Aber bei Adolf Schaumlöffel, Direktor der Kreissparkasse, rannte ich offene Türen ein. Nicht nur, dass er sofort einwilligte, den Posten des Schatzmeisters bei einer Vereinsgründung zu übernehmen. Er bot auch für die Gründungsversammlung den brandneuen Sitzungssaal der Kreissparkasse an, dessen Ausschmückung mit großen Postern von der Mondlandung mich faszinierte. Die etwa 30 Personen, mit denen man zu diesem Anlass rechnen konnte, würden darin leicht Platz finden.
Zur Gründungsversammlung am Mittwoch, den 17. September 1975, kamen schließlich 120 Lauterer Bürger. Immer mehr quollen zur Tür herein. Von überallher wurden Stühle beschafft, um sie in dem nun viel zu kleinen Raum unterzubringen. Zu verdanken war dieses große Echo auf den Gründungsaufruf für einen Förderkreis nicht zuletzt meinen Kollegen von der Presse und des Rundfunks. Sie gaben mir alle nur mögliche Unterstützung.
Ich hatte noch nie eine Sitzung geleitet. Aber links von mir saß Hans-Joachim Huberti, damals Leiter des Städtischen Liegenschaftsamtes. Er half mir nach Kräften. Als es bei dem Aufruf für einen Gründungsvorstand an die Reihe des Schatzmeisters kam, fragte ich versehentlich und sehr aufgeregt: „Ist noch ein Schaumlöffel da?“ Alles lachte… Am Ende waren es genug Mitglieder, um einen Verein zu gründen. Ich übernahm den Vereinsvorsitz. Zu den Vorstandsmitgliedern gehörten Professor Horst Römer als 2. Vorsitzender, als Schriftführer der heutige Ministerialdirektor Walter Schumacher, und als Schatzmeister Sparkassendirektor Adolf Schaumlöffel. Beisitzer wurden Bildhauer Richard Menges, Dr. Werner Seeling und Landgerichtspräsident Dr. Edgar Staab.Gründungsmitglieder waren unter anderem der Landtagsabgeordnete Hans-Hermann Dieckvoß, der seinerzeitige Präsident der Universität Kaiserslautern, Professor Helmut Ehrhardt, und auch Stadträtin Rosemarie Geiger. Die erste Mitgliederversammlung fand dann am 4. Dezember 1975 statt.
Aus der Stadt verlautete, dass man mit so viel Zuspruch nicht gerechnet hätte. Eilends wurde um Mittel beim Städteförderungsprogramm nachgesucht. Als zukünftiger Sitz des Museums, das damals noch ohne Namen war, kristallisierte sich das Haus Rheinkreis in der Steinstraße heraus, eine verlotterte Bruchbude mit einer querstehenden Scheune, die abgerissen werden sollte. Es ist der Sturheit der beiden Architekten Ingo Schmitt und Hermann Folz zu verdanken, dass diese Scheune stehen blieb. Längst ist sie zu einem kulturellen und nicht mehr weg zu denkenden Mittelpunkt geworden. Der Förderkreis hätte es gerne gesehen, wenn auch die Mälzerei auf dem Stockhausplatz erhalten und zu einem Industriemuseum ausgebaut worden wäre. Aber dieser Wunsch war zuviel.
In der Folgezeit machte der Förderkreis Theodor-Zink-Museum durch Veranstaltungen, Ankäufe von Exponaten, Spenden und Bausteine von sich reden. Professor Römer hatte ein Poster mit dem alten Haus Rheinkreis gezeichnet, so wie es vor der Restaurierung ausgesehen hatte. Addi Schauer, stadtbekannter Lehrer an der Meisterschule und Aquarellist, lieferte einen Holzschnitt mit der ehemaligen Spittelmühle. Beides wurde in einer Auflage von je 1000 Stück gedruckt und dann als Druck verkauft. Richard Menges schließlich fertigte ebenfalls als Bausteine etliche Miniatur-Kleiekotzer aus Wachs, wie man sie als Holzoriginale im Museum bestaunen kann.
Über den Förderkreis wurde viel gesprochen. Nicht alles war erfreulich. Aber der Verein hatte sein primäres Ziel erreicht: Das Museum wurde gebaut und am 18. Februar 1978, an einem bitterkalten Wintertag, feierte man die Eröffnung. Meine Rede begann ich damals mit den Worten: „Der Sieg hat viele Väter…“
Sei noch erwähnt, dass als Besonderheit im Hof des Museums ein Kastanienbaum gepflanzt wurde, ein Baum mitten in der Stadt, der noch heute die Besucher erfreut.